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Erfolgreich schreiben

Je kürzer, desto besser

Viele Broschüren, Geschäftsschreiben und Werbetexte werden nicht gelesen, weil sie nicht verständlich geschrieben sind. Gute Texte sind daher wettbewerbsentscheidend. Sie sollten dem Leser ihre Botschaft möglichst einfach und klar mitteilen.

Viele Texte in Broschüren, Geschäftsbriefen und auf Webseiten sind, wenn nicht unverständlich, so doch schwer zu verstehen. Sie verwenden falsche Bilder, sind unübersichtlich und mit Fachbegriffen überladen. Sie werden im besten Fall von Leuten verstanden, die vom Thema eine Ahnung haben. Im schlechtesten Fall liest sie niemand. Der Autor hat seine Arbeit umsonst getan.

Vergebliche Arbeit kann sich heute kein Unternehmen leisten. Genauso wenig wie Werbebotschaften und Imagebroschüren, die niemand zur Kenntnis nimmt oder die ihre Adressaten sogar nerven. Texte sind Informationsquellen, die klar und einfach zu verstehen sein müssen. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Menschen mit Werbung, Neuigkeiten und Nachrichten überflutet werden, müssen Mitteilungen so gut geschrieben sein, dass sie auch wahrgenommen zu werden.

Auch wenn man sich über die journalistische Qualität streiten kann: Wie eine Botschaft beim Leser ankommt, zeigen die Gratiszeitungen mit ihren knappen, auf den Kern der Informationen konzentrierten Artikel. Sie sind einfach, informativ und leserorientiert. Ganz anders liest sich dagegen die Seminarankündigung eines Bildungsinstituts:

„Das Seminar vermittelt einen umfassenden Überblick über die Entwicklung und Ausgestaltung moderner Qualitätsentwicklungsverfahren in der Aus- und Weiterbildung. Der zu Grunde gelegte Bezugsrahmen ist zwischen den Polen Qualitätsentwicklung einerseits und Bildungscontrolling andererseits aufgespannt. Die Teilnehmenden lernen Massnahmen zur Qualitätssicherung sowie Methoden und Instrumente der Qualitätsevaluation und des Bildungscontrollings kennen und üben an konkreten Fallbeispielen und an eigenen Projekten.“

Wer liest so etwas?

Natürlich Leute, die gezielt Fortbildungen zum Thema Qualitätsentwicklung suchen und deshalb einen solchen Text auch gerne dreimal lesen. Jeder andere steigt spätestens nach der Hälfte aus. Das macht nichts, wenn das Unternehmen diese potentielle Kunden nicht will. Dennoch verwundert es, wenn sich ein Institut, das von Qualität redet, nicht mehr Mühe mit der eigenen Qualität gibt. Was stimmt aber nicht an der Qualität der Seminarankündigung?

Wie viele kompetente Fachleute will oder kann die Autorin oder der Autor ihr Fachwissen nicht allgemeinverständlich übersetzen.

In dem Absatz stecken zu viele Informationen. Das passiert leicht, wenn vor lauter Begeisterung für das eigene Thema Wichtiges und Unwichtiges nicht unterschieden wird. So entsteht eine Wortkaskade aus Qualitätsentwicklung, Bildungscontrolling, Qualitätssicherung und Qualitätsevaluation, die den Leser verwirrt.

Es werden endlos aufgeblähte Sätzen gebildet. Vor allem beim letzten Satz wird erst nach geduldigem Sortieren klar, was gelernt und was geübt wird.

Das Bild mit dem Bezugsrahmen geht völlig daneben. Zuerst wird er zugrunde gelegt und dann noch aufspannt. Abgesehen davon, dass man zwar etwas auf einen Rahmen aufspannen, aber keinen Rahmen zwischen etwas und schon gar nicht zwischen zwei Polen aufspannen kann, braucht der Rahmen oder, was besser wäre, der Bogen nicht zu Grunde gelegt werden.

„Umfassend“ und „konkret“ sind unnötige Füllwörter, die Eindruck machen oder bestenfalls den nachfolgenden Wörtern mehr Bedeutung verleihen sollen. Ein Überblick sollte eigentlich umfassend und ein Fallbeispiel konkret sein, sonst sind beide nichts wert. Man sollte davon ausgehen können, dass ein Institut umfassende Überblicke und konkrete Fallbeispiele liefert. Aber wer etwas besonders betont, macht misstrauisch.

„Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen

Sagt Kurt Tucholsky. Warum also nicht kurz und prägnant formulieren: „Das Seminar zeigt Verbesserungsmöglichkeiten für die Aus- und Weiterbildung. Methoden und Techniken zur Qualitätssicherung über wir praxisnah an Fallbeispielen und Projekten der Teilnehmenden.“

Ein anderes Beispiel zeigt, wie unkritisch manche Autoren mit ihren eigenen Texten sind – und dadurch eher ungewollte Lacher erzeugen, statt ernst genommen zu werden. Das kommt dabei heraus, wenn jemand besonders werbekräftig formulieren will, aber lieber so geschrieben hätte, wie er spricht:

„Lieber Kunde, Synergien nutzen und zusammenführen, das erlaubt uns ihnen in Zukunft mehr Dienen zu können. Unser Team gibt zu: wir sind echte Profis auf dem Gebiet dieser Sparten. Deshalb haben wir beschlossen, die Tätigkeiten zusammenzulegen, am selben Strick zu reissen und die freigewordene Energie zu nutzen.“

Warum Synergien, wenn es sich doch um eine einfache Druckwerkstatt handelt, von der die Kunden Erfahrung und Beratung erwarten? Es ist zwar schön, dass dieser Kunde König ist, aber dienen braucht die Firma ihm deshalb nicht. Zur eigenen Bescheidenheit gehört auch, dass das Team nicht gerne zugibt, dass es aus Profis für nicht genannte Sparten besteht. Immerhin jedoch ist dies der Grund, weshalb das Team am selben Strick reisst, bei Druckern wahrscheinlich ein sinnlose Arbeit, durch die nicht unbedingt Energie frei wird.

Was will der Autor sagen?

Vielleicht dieses: „Liebe Kunden, Sie konnten sich schon immer auf die Kompetenz, die Erfahrung und die Qualität der Prima Druck GmbH und der Druckwerk KG verlassen. Ab sofort bieten wir Ihnen unter dem gemeinsamen Dach der XY GmbH einen noch besseren und erweiterten Service.“

Texte vermitteln einen ersten Eindruck von ihren Autorinnen oder Autoren, noch bevor man weiss, wie sie aussehen, wie sie sich kleiden oder was sie zu bieten haben. Das gilt für das Bewerbungsschreiben eines Stellensuchenden wie für den Werbebrief einer Druckerei, für die Imagebroschüre eines Unternehmens wie für die Webseite eines Dienstleisters. Fehlerhafte, holprige und hölzerne Schreiben wirken nicht vertrauenswürdig und unbeholfen.

Aber wie entstehen gute Texte? Entweder indem man sie von Leuten verfassen oder überarbeiten lässt, die professionell schreiben. Oder indem man einige Regeln beachtet, die eigentlich die Schule vermitteln sollte. Dazu gehören in erster Linie die Rechtschreibregeln, aber insbesondere natürlich grundsätzliche Stilfragen.

Viel ist schon gewonnen, wenn ein Text kurz gehalten wird. Das heisst, keine umständlichen Formulierungen, keine verschachtelten Satzkonstruktionen, keine aufgeblähten Worte wie „Zielprojekt“ statt „Ziel“, keine Fachbegriffe, wenn es treffende deutsche Wörter gibt, keine Substantivierung wie „Bearbeitung“, wenn das Verb schlanker klingt, keine umständlichen Beschreibungen wie „konkrete Fallbeispiele“ oder „kostensteigernd“, wenn Fallbeispiel oder teuer genügt.

Stattdessen knappe Formulierungen, kurze Sätze, treffende Worte, lebendige Verben. Das alles kann man lernen, ohne gleich Romanautor werden zu müssen. Man kann daraus auch ein vergnügliches Spiel machen nach dem Motto „Wo kann ich noch mehr Worte sparen?“. Immerhin schaffen es selbst Profis nicht, einen Text direkt aus der Feder beziehungsweise aus der Tastatur fliessen zu lassen. Auch sie verbessern ihren ersten und manchmal noch den zehnten Entwurf. Und meistens ist es hilfreich, einen Text mindestens eine Nacht ruhen zu lassen. Dann liest man ihn am nächsten Tag wie ein unbefangener Leser und stolpert über die eigenen unverständlichen Formulierungen.

Markus Schmid von Textmanufactur.com ist Texter, Autor und Schreibcoach in Zürich.